Oh misty mountains

21Sept2017

Howdie ihr Lieben,

nach unserer Nacht in Rock Springs ging es heute in den Norden Wyomings, nach Jackson Hole. Jackson Hole ist ein ganz nettes Touristenstädtchen mit knapp unter Zehntausend Einwohnern. Aber gleichzeitig ist es auch das "Gateway" zum Grand Teton Nationalpark. Wir fahren bei strahlenden Sonnenschein in Rock Springs los, es ist kurz vor acht und noch etwas frisch. Aber die Sonne hat schon ihre Kraft. Der zweispurige Highway schlängelt sich wieder malerisch durch die Canyons. Wir halten es nicht mehr aus und fahren rechts ran. Die Landschaft ist so atemberaubend schön, das müssen wir uns einfach in Ruhe anschauen. Alles ist so unendlich weit und es gibt so gut wie keine Zeichen der Zivilisation. Dafür ganz viel Wilder Westen. Neben ein paar Rennmäusen und einem Erdmännchen, begegnen uns auch wilde Pferde. Wahnsinn. Die Pferde kommen zwar nah an uns ran, aber Christians Annäherungsversuche widersetzten sie sich trotzdem standhaft. Da hilft auch kein Apfel. Wir saugen so viel Wyoming in uns ein, wie nur geht. 

Nach einer Stunde machen wir uns dann doch wieder auf den Weg zum Highway. Hier und da kommen wir durch kleine Siedlungen, kaum 300 Einwohner weisen die Schilder am Ortseingang auf. Wir merken aber auch, dass sich die Landschaft verändert, die schroffen Canyons machen Platz für sanfte Hügel und in der ferne gibt es sogar schneebedeckte Gipfel. Knapp hundert Meilen vor Jackson Hole wird es draußen immer dunkler, die Sonne hängt mittlerweile unter einer dicken Wolkenschicht. Und dann fallen wir fast vom Glauben ab: es beginnt zu schneien. Am 21. September. Ich bin fasslungs und gehe sofort panisch alle Kleidungsstücke in meinem Koffer durch, die irgendwie das Prädikat "Wintertauglich" verdienen. Plötzlich sind die Uggs, für die ich in Miami noch belächelt wurde Millionen wert. Da wir noch zu früh dran sind um ins Hotel einzuschecken, fahren wir zum örtlichen Visitor Center und lassen uns die besten Trails und Tiersichtungsstellen zeigen. Bewaffnet mit Kartenmaterial geht es in Richtung Park Eingang. Die knapp hundert Höhenmeter Unterschied vom Park zu Jackson Hole machen sich gleich bemerkbar. Waren es im Tal nur dicke Flocken, liegen hier oben einige Zentimeter Schnee. Unglaublich. Das macht uns natürlich auch einen großen Strich durch die Rechnung. Die sonst einfachen Wander-Trails sind für unsere Sommerschuhe unpassierbar, ich trage gleich drei Jacken übereinander und friere. Der Jenny Lake, der bekannt für seine spiegelglatte Oberfläche ist, liegt kalt und dampfend vor uns. Wir versuchen den Trail zum Hidden Falls Wasserfall trotzdem zu nehmen, aber nach knapp einer Meile müssen wir wieder aufgeben. Das Gelände wird zu unwegsam, alles ist nass uns rutschig. Die kleinen Wege haben sich mittlerweile zu kleinen Rinnsalen entwickelt und nasse Füße brauchen wir jetzt echt nicht. Man kann den Weg zu den Hidden Falls auch unehrenhaft abkürzen in dem man das Wassertaxi nimmt. Durch die Bauarbeiten am Visitor Center des Jenny Lakes bleibt uns aber eine Wanderung zum Bootsanleger trotzdem nicht erspart. Allerdings reicht uns dafür die Zeit nicht mehr, die letzte Fähre geht um 16 Uhr, mittlerweile ist es schon nach 15 Uhr. Wir beschließen den Rest des Park ganz amerikanisch anzuschauen: im Auto. Die Parks sind sogar extra dafür angelegt, immer wieder gibt es Loops oder Scenic Drives, die einen an den Hotspots vorbeibringen. Dort gibt es dann kleine Haltepunkte, es können Fotos gemacht werden und weitergehts. Bei dem Wetter finde ich das amerikanische Modell aber wirklich super. Wir fahren vom Jenny Lake zum Jackson Lake, der eigentlich eingebettet ist von einer majestätischen Bergkette. Außer Nebel aber nix gewesen. Wir fahren auch den Signal Mountain auf knapp 2355 Metern und hoffen, dass wir den Nebel vielleicht unter uns lassen. Aber auch hier keine Chance. Die Flocken werden immer größer, auf dem Gipfel haben bereits Kinder einen Schneemann gebaut. Wir sehen unsere Niederlage ein und fahren zurück nach Jackson Hole. Vorher statten wir noch kurz einem Campingplatz einen Besuch ab, am Morgen wurden hier Elche gesichtet. Und tatsächlich, ein männlicher und zwei weibliche Elche sind noch am Campingplatz und liegen lustlos im Gras. Wer sollte es ihnen bei diesem Wetter verdenken. Immerhin hat es mittlerweile aufgehört zu schneien, hier und da klart es sogar ein kleines bisschen auf und man kann erahnen, wie grandios die Bergkulisse eigentlich sein muss. Jammern hilft nicht. 

Wir checken in unser Hotel in Jackson Hole ein, einem netten Motel mit Heizung. Ich bin komplett durchgefroren. Ich komme mit der Empfangsdame ins Gespräch und sie versichert mir, dass Schnee im September auch hier nicht normal ist. Gestern wären es noch schöne sonnige 17 Grad gewesen. Überall stehen auch noch Sommerpflanzen in den Parks und Straßen, die unter einer dünnen Schneeschicht begraben sind. Summer is over!

Nach einem kurzen Aufwärmen im Hotel geht es zum Abendessen, dem Gun Barrell. Der Reiseführer empfielt Bison und Elch! Christian probiert das Bison-Carpaccio und das Elchgulasch und ist komplett begeistert. Ich bin weniger abenteuerlustig, probere aber immerhin ein Bison-Wrap als Vorspeise und ein überragend leckers Schweinekotlett zum Hauptgang. Die Whiskey-Honey Soße ist der Hammer! Als wir das Gun Barrel verlassen, regnet es in Strömen. Aber immerhin besser als Schnee!

Wir hoffen auf klareres Wetter morgen und wollen vielleicht doch noch mal den Hidden Falls-Trail am Jenny Lake probieren. Um 17 Uhr haben wir auch eine Tour mit einem Ranger gebucht.

Sonst ruft jetzt gleich das Bett, den Jetlag habe ich immernoch nicht ganz überwunden, aber es wird schon besser!

Over and out, Sarah