In a sky full of stars

28Dez2019

Aloha,

heute morgen ist etwas komisches passiert, ich wache auf und es ist ruhig. Kein rhytmisches prasslen auf dem Blechdach, das Zimmer ist auch unnatürlich lichtdurchflutet. Krasser shit: Die Sonne scheint. Wir können unser Glück noch gar nicht so genau fassen. Müssen wir auch gar nicht. Bis wir uns richtig über die Sonne gefreut haben, regnet es schon wieder. Okay, cool. Ich koche Kaffee und wir beratschlagen, was wir machen. Wir wollen auf jeden Fall heute Nachmittag auf den Mauna Kea, also egal was wir morgens machen, auf ca. 15 Uhr müssen wir auf dem Weg Richtung Berg sein. Christian will unbedingt einen Strand aus der Nachbarschaft besuchen, den uns Maxwell empfohlen hat. Der Strand wird wohl fast nur von Einheimischen besucht und ist gut versteckt. Ausgestattet mit Maxwells Wegbeschreibung machen wir uns auf die Suche. Wir müssen eine abenteuerliche Klippenwanderung unternehmen - das wäre ja der Punkt, an dem ich konsequenterweise direkt wieder umgekehrt wäre. Aber Christian treibt mich voran. Ich kann noch nicht mal einen Strand ausmachen, aus meiner Sicht wandern wir einfach nur in Flipflops dem sicheren Tod entgegen. Aber nachdem man eine kleine Felsspalte überspringen muss (fragt nicht...), liegt plötzlich wirklich feiner, pechschwarzer Sandstrand vor einem. Geil. 

Von Maxwell wissen wir ja bereits, dass fast nur Einheimische den Strand kennen und da hier nur Hippies, LGBT-Leute und  Künstler leben, geht es dementsprechend auch bunt zu. Kleidung ist eher optional, ein unverkennbarer Gras-Geruch liegt in der Luft und der Trommelkreis trommelt sich gerade in Ekstase. Also gut, hier bin ich also. Kann ich wieder gehen, bitte? Und was soll ich sagen: Ich habe die Wahl mich todesmutig in die Brandung zu stürtzen, oder dem splitterfasernackten Typen einem Meter vor mir beim Nackt-Yoga zuzuschauen. Nachdem er zum Kopfstand ansetzt und die Schwerkraft ALLES mit nach unten sacken lässt, trete ich die Flucht ins kühle Nass an. Jajajaja, ich weiß. Aber ich mag das Meer einfach nicht. Ich mags einfach, wenn ich Boden unter den Füßen hab und Fische sind jetzt echt auch nicht meine Freunde. Aber ich bin tapfer, tauche durch ein paar Wellen und hab sogar bisschen Spaß dabei. Als sich der nächste Regenguss ankündigt fahren wir zurück zur Wohnung und waschen schnell das Salzwasser ab. Wir besuchen noch den Farmers Market in Hilo und sind wieder begeistert von der Auswahl der Früchte. Mangos, Papayas, Passionsfrüchte... und das alles zu Centbeträgen. Voll bepackt essen wir noch einen Happen und ich esse zum ersten Mal eine richtige Pokebowl. Ich bekomme Reis, rohen Thunfisch, rohen Lachs und Krabben. Die Bowl ist riesig und total lecker. Christians Fish&Chips sind auch echt lecker. Danach machen wir uns auf den Weg zum Mauna Kea. Seit heute ist auch offiziell die Zugangsstraße wieder geöffnet, nach dem seit Monaten die Protester die Straße besetzt hatten. Wir sehen noch das Protestcamp, das gerade abgebaut wird. Das waren aber nicht nur 4, 5 Zelte sondern eher 40, 50 Stück. Wir können auf jeden Fall ungehindert die Straße passieren. Das Visitor Center liegt bereits auf 2700 Meter und wir machen eine halbstündige Pause um uns etwas zu akklimatisieren. Ich hab schon etwas Bauchweh vor der Fahrt hoch zum Gipfel, ein Teil der Strecke ist reine Schotterpiste und wohl sehr steil. Die Ranger ermutigt mich bisschen, er sagt unser Auto ist prädestiniert, wir sollen einfach langsam machen und wenn wir merken es klappt nicht, kann man jederzeit umkehren. Okay, das klingt doch eigentlich gut, oder? Wir starten und ich bin gleich mal wieder von meiner eigenen Panikmache genervt. Die Straße ist super breit ausgebaut, es fehlt nur der Betonbelag. Da waren einige Highways in Schottland in einem verherenderem Zustand! Gemächlich bringt uns das Biest zum Gipfel, auch von steil kann keine Rede sein. Es gibt ein, zwei Stellen die tatsächlich etwas mehr Steigung haben - aber die Geislinger Steige ist da auf nem anderen Niveau. Wir kommen am Gipfel an und ergattern fast die letzten Parkplätze. Die Observatorien dürfen wir leider nur von außen begutachten, aber gerade sind wir auf dem höchsten Berg der Welt! Ein Großteil des Mauna Keas liegt nämlich unterhalb der Meeresoberfläche und bringt es auf stolze 10.203 Meter. Aber auch so ist es beeindruckend auf 4205 Metern zu stehen! Wir genießen den Sonnenuntergang und können beobachten, wie die Teleskope justiert werden. Sobald die Sonne weg ist, erleben wir einen dramatischen Temperatursturz, jetzt sind es gerade noch 3 Grad. Meine Zehen kuscheln sich noch etwas tiefer in das Fell meiner UGGs. Wir wollen zurück ans Visitor Center - nach Sonnenunterang dürfen wirklich nur noch Wissenschaftler hier oben sein. Leider bekommen wir die Handbremse des Biests nicht gelöst. Der Ranger erlöst uns aber irgendwann aus unserere Misere und wir dürfen fast als Letzte den Berg runter. Auch die Abfahrt ist mit unserem Auto super easy - war also wirklich völlig unbegründete Panik. Am Visitor Center parken wir das Auto und laufen etwas ins freie Feld um die grandiose Aussicht auf die Sterne zu genießen. Es ist absolut unbeschreiblich, berührend und wunderschön! Wir sehen sogar eine Sternschnuppe. Nach einer Stunde sind wir allerdings durchgefroren und gehen zurück zum Auto. Klar, mit einem Teleskop wäre es noch beeindruckender gewesen, aber richtig verpasst haben wir jetzt auch nichts. Wer weiß, für was es gut war, dass die Tour ausgefallen ist. Auf jeden Fall haben wir 600 Dollar gespart - das ist doch mal was! 

Wir stärken uns noch mit Pizza und fallen müde aufs Sofa. Morgen geht es Richtung Waipoo Canyon, in den Norden von Big Island.

Aloha, xx Sarah